„Das Boot ist ja sehr interessant – Kann ich euch ein paar Fragen stellen?“
Wir ankern momentan unterhalb von Afionas, an der Nord-Westküste von Korfu. Gestern hatten wir einen Zufallsgast an Bord. Einen Schwimmer, der sich gegen Wind und Welle zum Boot gekämpft hat und sich für das Boot und das Konzept dahinter interessiert. Der Besucher ist ein deutscher Professor, der im Bereich Umweltschutz sehr aktiv ist. Wir saßen einige Zeit zusammen und haben uns über viele Dinge ausgetauscht. Das war für beide Seiten sehr bereichernd. Das Gespräch hat mich inspiriert, die „großen“ Ideen zusammenzufassen, die hinter der Solarboot-Projekte stehen.
Der wichtigste Grund, solar-elektrisch angetriebene Elektroboote zu betreiben bzw. die damit verbundenen Möglichkeiten und Beschränkungen zu erforschen und zu dokumentieren, ist der Natur- und Umweltschutz.
Abgase und Emissionen
Schiffsdieselabgase sind gesundheitsschädlich und erzeugen eine erhebliche Luftverschmutzung. Schiffsmotoren von Sportbooten, vom eingebauten Schiffsdiesel bis hin zum mit Benzin betriebenen Außenborder erzeugen Abgase, die oft durch einen sogenannten „nassen Auspuff“ direkt ins Gewässer abgegeben werden. Die Abgase werden zur Abkühlung mit dem Kühlwasser vermischt und dann ins Wasser eingeleitet. Abgasbehandlung mit Filtern ist im Schiffsbereich gesetzlich in den meisten Revieren nicht vorgeschrieben und wird in der Regel nicht gemacht. Die Abgase von Schiffsmotoren, die in die Luft oder ins Gewässer abgegeben werden, haben negative Auswirkungen sowohl auf das Leben in den Gewässern als auch auf die Mitfahrer und Anwohner.
Gerade im Freizeitbereich, wo die Menschen die Freiheit, Zeit und Möglichkeit haben, ihre Unternehmungen selbstbestimmt zu gestalten, stellt sich die Frage, wie man Aktivitäten, die auf Kosten der Umwelt gehen, einschränken oder vermeiden kann.
Die Ozeane und das Leben in ihnen werden seit Jahren stärker belastet, als sie es verkraften. Wer ein bisschen informiert ist, weiß, dass ein Großteil des Fischbestands in vielen Meeren stark bedroht ist. Wir haben meist schon Bilder von Schleppnetzanglern gesehen, die den gesamten Meeresboden „abgrasen“. Wir wissen, dass sich gigantische Mengen an Plastikmüll in allen Ozeanen in Strudeln ansammeln (vgl. Wikipedia). Was genau wir alles als Einzelne tun oder vermeiden können, ist nicht immer ganz klar oder ganz einfach. Und es gibt viele verschiedene Bereiche, über die man sich Gedanken machen kann:
Fischfang und Fischkonsum
Wir hören einerseits: „Fisch ist gesund“. „Ein- bis zweimal in der Woche Fisch verlängert die Lebenserwartung“. Wir hören andererseits, dass viele Fischarten bedroht sind oder mit Schwermetallen angereichert. Wir hören von legalen Fangquoten und illegalen Fängen. Wir sehen Berichte über die unglaublichen Beträge, die in Japan auf Fischmärkten für einen Gelbflossen Bonito gezahlt werden. Wer sich detaillierter informiert, kann eine konkrete Auflistung von Speisefischen finden, die nicht mehr verzehrt werden sollen, entweder da sie stark bedroht sind, nicht fisch -und umweltverträglich gefangen werden (vgl. das Thema des delfinfreundlichen Fischfangs) oder da sie zu stark mit Schwermetallen belastet sind. Informationen dazu vom WWF gibt es hier.
Soll man Fische aus Fischzucht bevorzugen? Was wird dort gefüttert? Woher kommen die Fische, die wir im Urlaub im lokalen Fischrestaurant bekommen? Sollen wir ganz auf Fischkonsum verzichten? Wie sieht es mit Angeln an Bord aus?
Meeresbeobachtung
Manche von uns gehen tauchen, um die Schönheit der Unterwasserwelt kennen zu lernen. Walbeobachtung oder „whale watching“ wird in vielen Küstenorten angeboten. Wir lesen andererseits, dass die Lebensbereiche der Wale stark bedroht sind, dass es weniger Krill gibt, zu viel Schiffsverkehr und Lärm in den Ozeanen. Wir lesen, dass die Riffe massiv bedroht sind, wegen Schadstoffen oder wegen der Erwärmung der Ozeane. Wer sich informiert, erfährt auch, dass die gängigen Sonnenschutzmittel die Riffe schädigen. Das heißt, dass jeder, der mit Sonnenschutzmitteln eingecremt in flachen Riffen schnorchelt, diesen dabei massiv schadet. Sollen wir deshalb damit aufhören? Ist das realistisch?
Sportbootfahren
Auf einem Segelboot in einem schönen Revier unterwegs zu sein, ist ein herrliches Erlebnis. Nah an der Natur, mit einer sportlichen Aufgabe, sehr viel mehr auf sich gestellt als in unserem „normalen“ Leben. Das entschleunigt und gibt Energie. Manche bevorzugen es, sich in ihrem Urlaub ein schnelles Motorboot zu mieten, um mal kurz über die Bucht zu flitzen oder bis zur nächsten Steilküste. Die Geschwindigkeit und der Fahrtwind verschaffen das kurzfristige Gefühl von Freiheit und Leichtigkeit. Aber an der Tankstelle wird allen klar, dass schnelles Fahren sehr viel Diesel erfordert. Den wenigsten ist klar, dass die Abgase ins Wasser gehen und nicht in die Luft. Sollen wir deshalb aufs Bootfahren verzichten?
Es ist unrealistisch, dass die Menschen freiwillig auf all die Dinge verzichten, die sie gewöhnt sind oder die Spaß machen. Aber es ist realistisch, dass Menschen Dinge ein wenig anders machen, Fragen stellen, Nachfrage erzeugen nach den „besseren“ Möglichkeiten und damit eine Veränderung einleiten.
Das SolarWave Team möchte seinen Anteil dazu beitragen, diese Fragen zu stellen und auch mal „quer“ zu denken. Außerdem möchte sie Anregungen geben im Bereich des Möglichen für Konsumenten, Hochschulen, Forscher, Unternehmen und jede und jeden, den es interessiert.
Können wir als Konsumenten also mehr machen, als beim nächsten Einkauf auf die Plastiktüte zu verzichten? Aber ganz bestimmt. Ist das genauso einfach wie auf die Plastiktüte zu verzichten? Nein, ganz bestimmt nicht.
Können wir als Hochschulangehörige etwas unternehmen, obwohl sehr viele Forschungsgelder von Unternehmen kommen? Aber ganz klar. Ist das einfach? Nein, das ist sogar ganz schön schwierig.
Können wir als Unternehmen Dinge anders angehen, als der Markt uns momentan zu diktieren scheint? Selbstverständlich, mit einem langfristigeren Ansatz. Ist es schwierig solche Entscheidungen in einer Zeit, die von Quartalsergebnissen bestimmt wird, zu erreichen? Ja. Absolut.
Das SolarWave Team fragt nach, forscht und dokumentiert Beobachtungen und Ergebnisse auf der Webseite. Im Sommer finden Projekte auf der SolarWave statt, einem reinen Elektroboot, das nur mit Solarenergie betrieben wird. Dieses Boot leitet keinerlei Abgase ins Wasser ein, ankert verantwortlich und steht als Forschungsplattform für vielfältige Projekte zur Verfügung, für die man auf dem Wasser unterwegs sein muss.
Und wer interessiert ist und spontan vorbei schwimmt, um Fragen zu stellen, bekommt auf der SolarWave sehr gerne Antworten, Gegenfragen und einen guten Bio Kaffee aus fairem Handel.